Blut, Krebs und Infektionen
Hintergrundwissen Krebs
Entstehung von Krebs
Ständig sterben in unserem Körper Zellen ab und werden durch neue ersetzt. Zelltod und Zellwachstum werden wie alle anderen Prozesse im Körper vom Erbgut im Zellkern gesteuert. Manchmal kommt es zu spontanen Änderungen im Erbgut (Mutationen).
Betreffen diese Mutationen Abschnitte (Gene), die an der Regulation des Zellwachstums beteiligt sind, können unkontrolliert wuchernde, bösartige Zellen (Krebszellen) entstehen, die sich ohne Rücksicht auf den Gesamtorganismus teilen und teilen und teilen. Ein bösartiger Tumor entsteht.
Man nimmt an, dass ein bösartiger Tumor in mehreren Stufen entsteht. Zunächst wird der eigentliche Tumor angelegt (Geschwulstanlage), eine Körperzelle wandelt sich also unwiderruflich in eine Krebszelle um, indem die Erbinformation innerhalb des Zellkerns verändert wird (Initiierungsphase). Die Zelle ist aber selbst bei mikroskopischer Untersuchung noch unauffällig. Erst nach längerer Zeit (bis zu Jahrzehnten) teilen sich die bösartige Zelle bzw. ihre Nachkommen ungehemmt und schneller als gesunde Zellen (Promotionsphase). Werden die bösartigen Zellen nicht rechtzeitig vom Abwehrsystem abgefangen, nehmen sie immer mehr überhand und wachsen zu einem Tumor heran. Durch weitere Mutationen erlangen die bösartigen Zellen die Fähigkeit, in Nachbargewebe und Gefäße einzubrechen. Sie wachsen also invasiv (infiltrierend) und destruierend (zerstörend). Über die Lymph- und Blutbahn streuen sie in den gesamten Körper und können in anderen Organen Metastasen (Tochtergeschwülste) bilden, sodass auch dort bösartige Tumoren wachsen.
Fatigue
Viele Krebspatienten fühlen sich ständig müde und erschöpft. Sie können sich „zu nichts aufraffen“, und schon kleinste Belastungen wie Einkaufen oder Bügeln erscheinen schier unüberwindbar. Auch Schlaf bringt keine Besserung – sofern Schlaf überhaupt möglich ist, denn viele Betroffene schlafen trotz ihrer Müdigkeit nur schlecht. Alle diese Beschwerden werden unter der Bezeichnung krebsassoziierte Fatigue (cancer fatigue) oder kurz Fatigue zusammengefasst.
Von der (krebsassoziierten) Fatigue ist das chronische Erschöpfungssyndrom (chronic fatigue syndrome) zu unterscheiden, das an anderer Stelle besprochen wird.
Wie häufig die Fatigue ist, kann nicht genau gesagt werden, Schätzungen schwanken zwischen 15 und 95 %! Erscheint Erschöpfung während der Krebsbehandlung dem Patienten wie den Angehörigen „verständlich“, wird eine Fatigue, die noch Monate nach der Behandlung andauert, als Problem empfunden und stößt oft in der Umgebung auf Unverständnis.
Woher Fatigue kommt, ist unklar. Mit Sicherheit spielt die Erkrankung ebenso eine Rolle wie ihre Behandlung, auch die Persönlichkeit des Betroffenen scheint von Bedeutung zu sein.
Vielen Patienten hilft es schon zu wissen, dass Fatigue ein zwar ungeklärtes, aber bekanntes und häufiges Phänomen bei Krebs ist, das in aller Regel wieder verschwindet, wenn auch manchmal erst nach längerer Zeit. Fassbare Ursachen einer allgemeinen Schwäche wie Blutarmut, Infektionen, erheblicher Gewichtsverlust oder Hormonstörungen werden immer behandelt, auch Depressionen sollten je nach Schweregrad mit pflanzlichen Präparaten wie etwa Johanniskraut oder mit Antidepressiva gelindert werden.
Der Patient kann selbst zur Behandlung beitragen, indem er sich fragt
- Was ihn am meisten belastet und wie er diese Probleme gezielt angehen kann.
- Wann er eher viel und wann besonders wenig Energie hat und wie er seinen Tagesrhythmus entsprechend anpassen kann.
- Wie er früher mit Belastungen und Erkrankungen umgegangen ist und ob eine dieser Strategien eventuell auch in der aktuellen Situation helfen könnte.
Schonung allein als Strategie gegen Fatigue sollte es allerdings nicht sein, da eine verminderte Aktivität die Belastbarkeit des Patienten durch Abbauvorgänge weiter verringert und so ein Teufelskreis entsteht. Körperliche Aktivität, die langsam gesteigert wird, aber nicht überfordert, baut körperlich wie seelisch wieder auf.
Gut- und bösartige Tumoren
Tumoren (Geschwülste, entartete Gewebe) entstehen, wenn sich körpereigenes Gewebe überschießend und ungehemmt vermehrt. Je nach Wachstumsverhalten werden unterschieden:
- Gutartige Tumoren (benigne Tumoren). Sie wachsen in der Regel langsam und verdrängen dabei das umliegende Gewebe, wandern aber nicht in das Gewebe ein (nicht-invasives Wachstum). Gutartige Tumoren bedrohen das Leben des Patienten nur, wenn sie an kritischen Stellen wachsen (z. B. im Gehirn).
- Präkanzerosen. Dies sind Krankheiten oder Gewebeveränderungen, die mit einem erhöhten Risiko für eine bösartige Entartung einhergehen, z. B. papillöse Wucherungen der Harnblasenschleimhaut (papillärer Blasentumor).
- Bösartige Tumoren (maligne Tumoren, Malignome). Sie bestehen aus bösartigen Zellen, wachsen oft schnell, dringen in benachbarte Gewebe ein (invasives, infiltrierendes Wachstum) und bilden Metastasen (Tochtergeschwülste). Unbehandelt verlaufen sie in der Regel tödlich. Nur bösartige Tumoren werden als Krebs bezeichnet.
- Semimaligne Tumoren („halb bösartige“ Tumoren). Diese wachsen wie die bösartigen Tumoren an ihrem Entstehungsort invasiv und destruierend (zerstörend), bilden aber im Gegensatz zu diesen in der Regel keine Metastasen und nehmen daher eine Zwischenposition ein. Häufig ist hier das Basaliom der Haut.
- Carcinoma in situ. Hier sind die Zellen bereits stark verändert (hochgradig atypisch) und weisen somit die Merkmale der Bösartigkeit auf; der Tumor zeigt jedoch noch kein invasives Wachstum in angrenzende Gewebe und hat somit auch noch keine Metastasen gesetzt.
Kleines Lexikon der Leukämietherapie
Agranulozytose: Absinken der Granulozyten unter 500 pro µl Blut. Dadurch extreme Infektionsgefahr und Notwendigkeit weit reichender Vorsichtsmaßnahmen (siehe Knochenmarktransplantation).
Klassifizierung des Therapieerfolgs
- Remission: Tumorrückbildung
- Teilremission: Deutliche Tumorrückbildung (über die Hälfte). Bei Leukämie weniger als 25 % Leukämiezellen im Blut, weniger als 5 % im Knochenmark
- Vollremission: Kein Tumor mehr nachweisbar. Bei Leukämie Normalisierung des Blutbilds, weniger als 5 % Leukämiezellen im Knochenmark
- Minimale Resterkrankung (minimal residual disease): Nachweis von Leukämiezellen mit molekulargenetischen Methoden, nicht aber mit konventionellen Diagnoseverfahren wie etwa der Mikroskopie. Zunehmende Bedeutung in der Prognoseabschätzung und der Behandlungsplanung nach erreichter Vollremission
Immunphänotypisierung und Monoklonale Antikörper
CD-Moleküle. Wie alle Körperzellen sind auch die weißen Blutkörperchen von einer Zellmembran umschlossen. Auf ihrer Oberfläche befinden sich verschiedene Eiweiße, die CD-Moleküle, die wahrscheinlich für die Kommunikation der Abwehrzellen eine Rolle spielen. Sie werden auch für die exakte Klassifikation einer Leukämie herangezogen, denn welche der über 200 CD-Moleküle ein weißes Blutkörperchen auf seiner Oberfläche trägt, hängt von seiner genauen Art und seiner Entwicklungsstufe ab. So trägt etwa ein B-Lymphozyt die Moleküle CD19–CD21 auf seiner Zellmembran, ein T-Lymphozyt hingegen die Moleküle CD2, CD3, CD5, CD7 und je nach Untergruppe CD4 (T-Helferzelle) oder CD8 (zytotoxische T-Zelle).
Monoklonale Antikörper. Mithilfe gentechnisch hergestellter monoklonaler Antikörper, die alle genau gleich sind und ganz exakt jeweils nur zu einem CD-Molekül passen, können Leukämien heute viel genauer differenziert und eingeteilt werden als noch vor wenigen Jahren. Richtig interessant wird diese Immunzytologie oder Immunphänotypisierung aber erst durch ihre Konsequenzen für die Behandlung:
Zum einen können Leukämien, deren Zellen unter dem Mikroskop gleich aussehen, sich aber durch die CD-Moleküle auf den Membranen unterscheiden, ganz unterschiedlich auf die „konventionelle“ Leukämiebehandlung ansprechen.
Zum anderen können auch die monoklonalen Antikörper selbst zur Behandlung genutzt werden. Sie entfalten ihre Wirkung entweder, indem sie die normale Signalwirkung des Moleküls blockieren, oder es werden im Vorfeld Gifte oder radioaktive Substanzen labortechnisch an sie gebunden, wodurch die kranken Zellen genauer getroffen werden als bei den bislang gängigen Therapien.
Beispiele für heute schon genutzte monoklonale Antikörperpräparate (MABs) sind Alemtuzumab (MabCampath®, gegen CD52), Rituximab (MabThera®, gegen CD20) oder Gemtuzumab (gegen CD33, in Mylotarg® gekoppelt an ein Zellgift). Selbst wenn die Therapieergebnisse mit den monoklonalen Antikörpern alles in allem ermutigend sind – insgesamt steckt diese Behandlungsform der Leukämie noch in den Kinderschuhen, und manch neue Therapieform konnte die in sie gesetzten Hoffnungen letztendlich nicht erfüllen.
Krebs und Tumoren
In Deutschland erkranken jährlich ungefähr 400 000 Menschen an Krebs, die Hälfte davon stirbt an den Folgen der Erkrankung. Krebs tritt in jedem Lebensalter auf, mit zunehmendem Alter steigt jedoch das Risiko: Erkranken von den unter 45-Jährigen pro Jahr ungefähr 70 von 100 000 an Krebs, sind es bei den über 75-Jährigen über 200.
Diese Zahlen mögen den Eindruck erwecken, Krebs sei heute häufiger als früher. Aber: Betrachtet man die Angaben für jede Altersgruppe gesondert, so ist kein Anstieg der Krebserkrankungen zu erkennen, die altersstandardisierte Krebssterblichkeit ist sogar rückläufig. Durch die Alterung der Gesellschaft trifft aber immer mehr Menschen ein bösartiger Tumor.
Erfreulicherweise führen bessere Früherkennungs- und Therapiemethoden dazu, dass Krebs kein unbedingtes Todesurteil ist, sondern zu einer behandelbaren Erkrankung wird: Kam beispielsweise die Diagnose „Leukämie“ bei Kindern vor rund 50 Jahren noch einem Todesurteil gleich, überleben heute rund 80 % der Betroffenen. Diese erfreuliche Grundtendenz trifft allerdings lange nicht auf alle Krebsarten zu. Die Medizin muss den Sieg über jede Krebsart einzeln erringen – und viele wie etwa der Lungenkrebs erscheinen noch völlig unbesiegt. Denn: Es gibt nicht den Krebs, sondern zahlreiche verschiedene Krebsarten.
Weiterführende Informationen
- www.krebsinformation.de – Krebsinformationsdienst (KID) Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg: Gute Informationen nicht nur zu den häufigsten Krebsformen, auch zu Alltagsproblemen wie etwa Haarausfall und Mundpflege. Bietet zudem telefonische Beratung.
- www.ksid.de – Informationsdienst Krebsschmerz (KSID, Heidelberg): Mit Beratungstelefon für Patienten, Adressenliste und Broschüren zum Runterladen (Rubrik Infomaterial).
- www.hilfe-fuer-kinder-krebskranker.de – Internetseite des Vereins für Kinder krebskranker Eltern e. V., Frankfurt: Familienzentrierte Betrachtung mit Kontaktstellen und Literatur für Familien, in denen ein Elternteil an Krebs erkrankt ist.
- www.krebshilfe.de – Internetseite der Deutschen Krebshilfe e. V., Bonn: Bietet Informations- und Beratungsdienst für Patienten und Angehörige sowie viele Broschüren zum Runterladen (Rubrik Informieren).
- H. Stamatiadis-Smidt; H. zur Hausen (Hrsg.): Thema Krebs. Springer, 2006. Lexikonartig aufgezogenes Buch des KID des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg, das die häufigsten Fragen von Krebspatienten beantwortet.
Leitbeschwerden bösartiger Erkrankungen
Das Wichtigste vorab: Echte Leitbeschwerden im Sinne krebstypischer Beschwerden gibt es kaum. Fast alle bei Krebs auftretenden Beschwerden können auch bei harmlosen Erkrankungen auftreten. Und: Frühzeichen sind selten. Das ist ein wesentlicher Grund für die nach wie vor in der Regel späte Diagnose von Krebserkrankungen.
Tumoren beeinträchtigen durch ihr Wachstum umgebende Strukturen und können dadurch zu Beschwerden führen. So kann z. B. ein Bauchspeicheldrüsenkrebs die Gallenwege zusammendrücken und durch den Gallenstau mit nachfolgendem Gallenübertritt ins Blut die Haut gelb werden lassen. Ein Darmtumor kann in die Darmlichtung hinein bluten und so zu sichtbaren Blutbeimengungen im Stuhl führen. Tumoren können auch durch Produktion von Hormonen oder anderen Botenstoffen, Veränderungen der Blutgerinnung oder Immunvorgänge „Fernwirkungen“ haben, die als paraneoplastische Symptome (Paraneoplasien) bezeichnet werden. Beispiel ist ein Cushing-Syndrom bei Lungenkrebs, auch Muskelbeschwerden, Hautveränderungen und Nervenstörungen sind relativ häufig. Im weiteren Sinne werden auch die Allgemeinerscheinungen bei fortgeschrittenen Krebsleiden, z. B. allgemeine Erschöpfung oder Gewichtsverlust, dazu gerechnet.
Trotzdem können Warnzeichen formuliert werden, die sicherheitshalber vom Arzt abgeklärt werden sollten:
- Neu aufgetretene Hautveränderungen oder Veränderungen an bereits bestehenden Muttermalen, kleine Hautwunden oder schorfige Stellen, die nicht heilen (Merkmale eines Melanoms)
- Tastbare Knoten oder Schwellungen einschließlich länger dauernde Lymphknotenvergrößerungen
- Anhaltende Schluckbeschwerden, Übelkeit oder Völlegefühl
- Länger als drei Wochen bestehender Husten oder Heiserkeit
- Blut in Stuhl oder Urin, bei Frauen auch Blutungen aus der Brustwarze und unklare Scheidenblutungen außerhalb der Regelblutung
- Veränderungen beim Wasserlassen oder Änderung der Stuhlgewohnheiten, z. B. neu aufgetretene Verstopfung
- Unerklärbare, länger dauernde Müdigkeit und Leistungsminderung
- Gewichtsverlust ohne Diätanstrengung
- Schmerzen ohne erkennbare Ursache.
Tumorbedingte Schmerzen
Schmerzen, genauer lang anhaltende, chronische Schmerzen, gehören zu den am meisten belastenden Beschwerden überhaupt. Im Zusammenhang mit Krebs erlangen sie eine besondere Dimension: Schmerzen gelten hier als Verkünder der Unheilbarkeit.
Wahr ist: Schätzungsweise 50–70 % der Krebskranken leiden im Krankheitsverlauf unter chronischen Schmerzen. Wahr ist aber auch: Die Schmerzen können sowohl durch die Erkrankung selbst als auch durch deren Behandlung bedingt sein – entsprechend künden Schmerzen nicht immer den nahenden Tod an. Und: Schmerzen bei Krebs können gut behandelt werden.
Bei Schmerzen im Rahmen einer Krebserkrankung stehen wie bei anderen Erkrankungen auch die Ursachensuche und -beseitigung an erster Stelle. Typische Schmerzursachen bei Tumorpatienten sind die Nervenkompression oder Nervenverletzung durch den Tumor selbst oder bei Knochenmetastasen durch die sich auflösende Knochensubstanz. Schlimmstenfalls kann es zu schmerzhaften Knochenbrüchen kommen, die bei Fehlen einer äußeren Gewalteinwirkung (z. B. Sturz) als pathologische Frakturen bezeichnet werden.
Therapie der Schmerzen. Bei sehr starken Schmerzen sind fast immer Opium-Abkömmlinge wie z. B. Morphin (z. B. MST®) notwendig. Je nach Schmerzursache und Nebenwirkungen der Opiate werden Begleitmedikamente zur Wirkungsverstärkung eingesetzt. Beispiele sind Antiepileptika (Gabapentin, Neurontin®) und Antidepressiva (Amitriptylin, Saroten®) zur Schmerzbehandlung neuropathischer Schmerzen, d. h. durch Nervenkompression oder verletzung bedingte Schmerzen. Bei Knochenmetastasen oder gar pathologischen Frakturen kann durch eine gezielte Strahlentherapie eine gute Schmerzlinderung erzielt werden. Prophylaktisch können bei bekannten Knochenmetastasen Biphosphonate (Pamidronat, Aredia® oder Clodronat, Ostac®) verabreicht werden, um den Knochen zu festigen, seinen Abbau zu bremsen und Komplikationen wie Schmerzen, Hyperkalzämie und Knochenbrüche zu vermeiden.
Tumordiagnostik
Egal, ob der Krebsverdacht aufgrund von Beschwerden des Betroffenen oder einer Früherkennungsmaßnahme entstanden ist, die ersten „Beweise“ für das Vorhandensein eines Tumors liefern in der Regel die bildgebenden Verfahren und die Endoskopie. Letztere ermöglicht gleichzeitig die Entnahme einer kleinen Gewebeprobe für die feingewebliche Untersuchung. Ist dann sicher, dass es sich um einen bösartigen Tumor handelt, folgen weitere Untersuchungen, um dessen genaue Ausbreitung zu erfassen, die zur exakten Therapieplanung erforderlich ist.
Bildgebende Verfahren
Röntgenuntersuchungen, Ultraschall, CT und Kernspin sind wichtige Untersuchungen zur Diagnose und Erfassung der Ausdehnung eines Tumors. Für nahezu jeden Tumor gibt es von Fachgesellschaften erarbeitete Leitlinien, die vorgeben, welche Untersuchungen vor Beginn der Therapie notwendig sind. Neben diesen Leitlinien bestimmen aber auch die Beschwerden Betroffener, welche Untersuchungen notwendig sind. Bei Knochenschmerzen sollten z. B. die schmerzenden Knochen mittels Röntgenaufnahmen und eventuell Knochenszintigraphie dargestellt werden, um Knochenmetastasen auszuschließen.
Tumormarker
Tumormarker sind Substanzen in Geweben oder Körperflüssigkeiten, die bei erhöhter Konzentration auf einen Tumor hinweisen, ihn jedoch nicht beweisen. Ihre Spezifität ist also niedrig. So sind etwa die Marker CEA (Tumormarker für Darmkrebs) und CA 19–9 (erhöht u. a. beim Bauchspeicheldrüsenkrebs) auch bei einer schweren Leberschädigung erhöht und deshalb nicht für einen bösartigen Tumor beweisend.
Umgekehrt gibt es für die häufigsten bösartigen Tumoren keine Tumormarker, die regelmäßig erhöht sind, wenn der Krebs im Körper wächst – auch die Sensitivität der derzeit verfügbaren Tumormarker ist also niedrig.
Die wichtigsten Tumormarker sind AFP (Alpha-Fetoprotein), Beta-HCG, die verschiedenen Carbohydrat-Antigene (CA), Kalzitonin, CEA, CYFRA 21-1, NSE (Neuronenspezifische Enolase), PSA (Prostataspezifisches Antigen), SCC (Squamous cell carcinoma Antigen) und Thyreoglobulin.
Aus diesen Gründen kann von den zahlreichen Tumormarkern nur einer als Suchtest im Blut (zum Screening) verwendet werden, und das auch nur mit so großen Einschränkungen, dass er nicht von den Kassen gezahlt wird: das Prostataspezifische Antigen (PSA) bei der Suche nach einem Prostatakarzinom. Ihren größten Wert haben die Tumormarker in der Verlaufsbeurteilung und Nachsorge – ist etwa ein Tumormarker zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose erhöht gewesen, sodann unter der Behandlung stark abgefallen, um vier Jahre später wieder steil anzusteigen, besteht dringender Verdacht auf ein Tumorrezidiv.
Wer ist krebsgefährdet?
Prinzipiell kann jeder Mensch an Krebs erkranken – gefährdet ist also jeder. Bösartige Tumoren entstehen in einem komplexen Wechselspiel innerer und äußerer Faktoren, das die Wissenschaftler trotz aller Fortschritte bislang nur in Ansätzen durchschauen. Es sind zwar verschiedenste Risikofaktoren bekannt, die das Auftreten von Krebs begünstigen, bei vielen Betroffenen sind aber keinerlei Risikofaktoren feststellbar. Alle Substanzen, die Krebs hervorrufen können, heißen Kanzerogene (Krebs erzeugende Stoffe).
Umwelteinflüsse. Der wohl wichtigste und unstrittigste Umweltrisikofaktor für Krebs ist das Rauchen. Es ist nicht nur für knapp 90 % aller Lungenkrebsfälle verantwortlich, sondern erhöht auch das Risiko für eine ganze Reihe weiterer Krebsarten, darunter z. B. Mundhöhlen- und Kehlkopfkrebs, sodass sein Anteil an der Krebsentstehung insgesamt auf enorme 25–30 % geschätzt wird. Entsprechend ist der Verzicht auf Tabakrauchen eine wesentliche Säule der Krebsvorbeugung.
Als zweitwichtigster Risikofaktor gilt die Ernährung. Ihr Einfluss wird zusammen mit dem des Übergewichts auf rund 30 % geschätzt. Allerdings verteilt sich dieser Einfluss auf eine unüberschaubare Zahl von Nahrungsbestandteilen, deren Gewicht im Einzelnen kaum zu beziffern ist; z. B. spielen auch Zubereitungsart und die weiter verzehrten Substanzen eine Rolle. Bewegungsmangel ist hier ebenfalls von Bedeutung. Umgekehrt ergaben sich zwar Hinweise auf die Schutzwirkung bestimmter Substanzen, einzeln als Kapsel geschluckt haben sie aber bislang enttäuscht. Einfache (wenn auch einprägsame) Slogans wie etwa, dass dieses oder jene Nahrungsmittel Krebs verursache oder im Gegenteil davor schütze, sind somit falsch. Richtig ist aber, dass eine ausgewogene Ernährung mit nicht zu viel Fleisch und reichlich pflanzlichen Nahrungsmitteln (mehr dazu: vollwertige Ernährung, sowie insgesamt geringer Alkoholgenuss das individuelle Risiko mindern.
Es gibt noch zahlreiche weitere Umwelteinflüsse, die Krebs begünstigen können und deren Aufzählung den hier möglichen Rahmen sprengen würde. Erwähnt werden sollen aber noch die UV-Strahlung (und damit das Sonnenlicht), die alle Formen des Hautkrebses fördert, z. B. das maligne Melanom, Chemikalien und die so genannten onkogenen Viren, etwa bestimmte Humane Papillom Viren (HPV), die an der Entstehung des Gebärmutterhalskrebses beteiligt sind.
Lebensalter. Auch wenn Krebs in jedem Lebensalter auftreten kann, so ist nicht dran zu rütteln – das Krebsrisiko steigt mit dem Alter: Rund 80 % der neu an Krebs Erkrankten sind 60 Jahre alt oder älter. Dies wird sowohl auf eine Summation von Umwelteinflüssen als auch auf den letztlich unvermeidlichen Alterungsprozess zurückgeführt. Somit ist die Zunahme der Krebserkrankungen in Europa auch auf eine immer älter werdende Bevölkerung zurückzuführen und das Ausrotten von Krebs eine Illusion.
Vererbung. Schätzungsweise 5–10 % der Krebserkrankungen werden auf eine erbliche Veranlagung zurückgeführt. Am bekanntesten sind dabei der familiär bedingte Brustkrebs und die familiäre adenomatöse Polyposis, die sich unweigerlich zum Darmkrebs entwickelt. Lassen Sie sich also von einem Arzt beraten, wenn von ihren leiblichen Verwandten auffällig viele auffällig früh an Krebs erkrankt sind.