Blut, Krebs und Infektionen
Krebsbehandlung
Behandlung von Krebs
Ziel der Krebsbehandlung ist meist die Heilung oder das Langzeitüberleben des Patienten (kurative Behandlung). Erklärtes Prinzip dabei ist hit hard and early (hart und frühzeitig zuschlagen). Dies ist zwar für den Patienten zunächst belastend, zeigt aber langfristig bessere Ergebnisse als ein weniger aggressives Vorgehen.
Dies bedeutet aber nicht, dass die Belastungen des Patienten durch die Behandlung nicht berücksichtigt werden. Im Gegenteil: In den letzten Jahren rückt die Lebensqualität des Patienten immer mehr in den Vordergrund. Um die Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, werden zum einen in multimodalen Behandlungskonzepten mehrere Therapieformen angewendet, die sich in ihrer Wirkung ergänzen. Zum anderen wird ständig in Studien geprüft, wer wirklich von welcher Behandlung profitieren kann, um möglichst auch nur diese Patienten den Risiken der jeweiligen Therapie auszusetzen. Und nicht zuletzt stehen heute gegen besonders belastende Nebenwirkungen, allen voran Schmerzen und Übelkeit, wirksame Medikamente zur Verfügung.
Überhaupt ist die moderne Krebsbehandlung nicht ohne ein Paket begleitender Maßnahmen möglich, die unter dem Begriff supportive, also unterstützende Behandlung zusammengefasst werden. Hierzu zählen, neben der erwähnten Bekämpfung von Übelkeit und Schmerzen, z. B. die Gabe von Blutprodukten oder Wachstumsfaktoren der Blutbildung bei Mangel an Blutkörperchen, Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen oder Blutungen sowie die Ergänzung der Ernährung durch flüssige Zusatzkost bis hin zur vollständigen künstlichen Ernährung.
Teilweise stellt sich aber heraus, dass sich die bösartigen Zellen schon weiter ausgebreitet haben als zunächst vermutet. Seltener steht schon zum Zeitpunkt der Diagnosestellung fest, dass keine Heilung möglich sein wird. Auch dann lässt sich die Erkrankung aber oft längere Zeit, manchmal über viele Jahre, in Schach halten und die Lebensqualität des Patienten verbessern (palliative Behandlung).
Vor- und Nachbehandlung eines Tumors. Um einen Tumor komplett entfernen zu können, muss er manchmal vor einer Operation mittels Strahlen- oder Chemotherapie verkleinert werden. Dies wird als neoadjuvante Therapie bezeichnet. Noch häufiger soll eine Nachbehandlung (adjuvante Therapie) kleine Nester von Resttumorzellen zerstören.
Besteht die Möglichkeit, den Tumor operativ komplett zu entfernen, so erfolgt eine möglichst frühzeitige Operation. Soweit erforderlich und möglich werden dabei ein Sicherheitsrandsaum von einigen Zentimetern und benachbarte Lymphknoten mit entfernt.
Aber selbst wenn der Tumor nicht komplett entfernt werden kann, verbessert seine Verkleinerung (Debulking) die Chancen weiterer Behandlungsformen. Zudem verhindert die Operation oft Komplikationen durch den wachsenden Tumor, z. B. einen Darmverschluss, und wirkt dadurch trotz der anfänglichen Belastung durch den Eingriff insgesamt lindernd auf die Beschwerden.
Strahlentherapie. Auch die Strahlentherapie hat im Behandlungskonzept vieler Tumoren einen festen Platz. Ziel einer Bestrahlung ist, die Tumorzellen zum Absterben zu bringen. Allerdings werden auch gesunde Zellen geschädigt, woraus sich die Nebenwirkungen der Strahlentherapie ableiten. Meist soll die Strahlentherapie nach einer Operation das Risiko ausschalten, dass sich in der Nähe des Operationsgebiets verbliebene Tumorzellen erneut zu einem Tumor auswachsen und zu einem Lokalrezidiv führen. Bei einigen Tumoren ist die Strahlentherapie alleinige Behandlungsform. Man arbeitet dann mit höheren Dosierungen, etwa bei Gehirntumoren, die so ungünstig sitzen, dass sie nicht entfernt werden können. Insbesondere bei Knochen- oder Gehirnmetastasen wird die Strahlenbehandlung zur Beschwerdenlinderung eingesetzt (palliative Bestrahlung).
Weitere Behandlungskonzepte bei Krebs sind die Chemotherapie, Hormonbehandlung und Lokaltherapien. Einige Patinten profitieren von einer begleitenden Immuntherapie, Ernährungsumstellung oder komplementärmedizinischen Behandlung.
Licht und Bewegung. Sonnenlicht (mit entsprechender Sonnenschutzcreme) und Bewegung werden oft zur Verbesserung der Lebensqualität nahegelegt. Zwar lassen Spaziergänge im Sonnenschein keinen Tumor verschwinden, aber sie erhöhen das eigene Wohlbefinden. Lebensfreude ist nicht auf gesunde Menschen beschränkt. Viele Alternativmediziner betonen, dass Spaß, Lachen und Sex ihren Platz im Leben behalten sollten, denn sie fördern die Ausschüttung von Glückshormonen, was die Stimmung hebt und die Abwehrkräfte stärkt. Das Gleiche gilt für angepasste körperliche Aktivität. Wurde Krebspatienten früher zu Schonung geraten, so hat sich mittlerweile gezeigt, dass mäßige, aber regelmäßige sportliche Aktivität die Lebensqualität steigert, die Erholungsphase nach anstrengenden Therapien verkürzt und über eine Stärkung der Abwehrkräfte möglicherweise den Langzeitverlauf günstig beeinflusst. Diese Sportonkologie ist von der Schulmedizin akzeptiert, immer mehr Kliniken bieten Beratung und entsprechende Angebote begleitend an.
Innere Einstellung. Es gibt viele Hinweise, dass die richtige innere Einstellung hilft, den Krebs besser zu bewältigen, die Lebensqualität erhöht und sogar das Leben verlängert. Überlegen Sie, wie Sie bislang mit Belastungen und Krisen umgegangen sind und ob Ihnen frühere Bewältigungsmechanismen helfen können. Entspannungsverfahren, Yoga und Psychotherapie werden schon lange zur Förderung des Wohlbefindens und zur Schmerzreduktion eingesetzt, auch Selbsthilfegruppen können beitragen, das innere Gleichgewicht (wieder) zu finden. Psychologische Betreuung, auch in Form einer Krisenintervention oder kurzzeitigen Psychotherapie, leistet ebenfalls einen wichtigen Beitrag, die innere Einstellung zum Krebs zu reflektieren und den eigenen Lebenswillen zu festigen. Insbesondere wenn das Umfeld problematisch ist, etwa durch Scheidung oder Todesfälle, oder wenn durch den Auszug der Kinder lieb gewonnene Angehörige ausfallen, sollte man alles tun, um hier rasch professionelle Unterstützung zu bekommen, denn die Wartezeiten sind zum Teil lang.
Sauerstoff (O2) und Ozon (O3). In Einzelfällen ist die Gabe von Sauerstoff sicher sinnvoll, zum Beispiel um Atemnot bei Lungenkrebs zu lindern, eine spezifisch krebsheilende Wirkung ist jedoch bislang nicht nachgewiesen. Darüber hinaus kann reiner Sauerstoff auch schädlich sein. Für Ozon gibt es ebenfalls keinen Wirkungsnachweis. Beim Spritzen von Ozon in die Vene gab es tödliche Zwischenfälle. Außerdem treten an Nebenwirkungen unter anderem Kreislaufzusammenbruch, Herzschäden, bleibende Lähmungen und Blindheit auf.
Hormonell wirksame Substanzen. Melatonin, ein Hormon, das zur Behandlung von Schlafstörungen angewendet wird, soll angeblich in hoher Dosierung die Überlebenszeit verlängern, jedoch wurden inzwischen den zugrunde liegenden Studien schwerwiegende Mängel nachgewiesen. Daher ist die Wirkung mehr als fraglich. Es sollte aufgrund von Wechselwirkungen prinzipiell nicht während einer Chemotherapie eingesetzt werden. Nebenwirkungen sind Schwindel, Gereiztheit, Albträume, Magenkrämpfe, verringerte Spermienzahl, geringere Libido sowie Brustentwicklung beim Mann. Vorsicht ist bei psychiatrischen Erkrankungen geboten, da sie durch Melatonin verschlimmert werden können.
Indol-3-Carbinol ist ein Broccolibestandteil, der als Ergänzungstherapie bei hormonabhängigem Brustkrebs eingesetzt wird. Studien zur Wirksamkeit liegen nicht vor.
Krebs-Stoffwechseltherapien (Zellatmungstherapie). Laut dieser Theorie ist Krebs eine Folge von Stoffwechselstörungen und mangelnder Sauerstoffversorgung der Zellen. Die meisten sind kaum empfehlenswert, bis auf das Medikament Ukrain®, eine Mischung aus Schöllkrautalkaloiden und dem Chemotherapeutikum Thiotepa®, für das eine Studie beim Bauchspeicheldrüsenkrebs einen Überlebensvorteil von einigen Monaten gezeigt hat . Das Mittel ist in Deutschland aber nicht zugelassen, es existieren zu wenig Daten über Wirksamkeit und Sicherheit, und die Therapiekosten sind mit ~ 6 000 € pro Woche extrem hoch.
Frequenz- und Enzymtherapien. Frequenztherapien sollen ein gesundes Energiefeld aufbauen und zum Absterben der Krebszellen führen. Zur Wirkung existieren keine Studien, elektromagnetische Felder sollen sogar bei lang dauernder Einwirkung ihrerseits Krebs verursachen können.
Enzyme mit der Fähigkeit, bestimmte Tumoreiweiße abzubauen, sollen Entzündungsprozesse günstig beeinflussen und erhöhen möglicherweise auch die Wirkung einer Chemotherapie bei gleichzeitig geringeren Nebenwirkungen, insbesondere die Enzymkombination nach Wolf und Ransberger .
Weiterführende Informationen
- www.krebstherapien.ch – Internetseite des Vereins für integrative Krebstherapien in der Schweiz, Kilchberg: Bietet sehr guten, regelmäßig aktualisierten Überblick sowohl über konventionelle als auch alternative Verfahren zur Krebstherapie.
- K. Münstedt: Ratgeber Unkonventionelle Krebstherapien. ecomed, 2005. Für Ärzte geschrieben, daher mit vielen Fachwörtern. Trotzdem empfehlenswert, da sachlich sorgfältig recherchiert, umfassend und gut auf den Punkt gebracht.
- L. Hirneise: Chemotherapie heilt Krebs und die Erde ist eine Scheibe. Enzyklopädie der unkonventionellen Krebstherapien. Sensei, 2005. Gut lesbar und leicht verständlich, aber ziemlich einseitig – konventionelle Therapien sind prinzipiell schlecht, unkonventionelle gut. Daher kritisch lesen.
- www.krebshilfe.de – Internetseite der Deutschen Krebshilfe e. V., Bonn: Unter der Rubrik Informieren können Sie Broschüren und Infomaterial kostenlos bestellen.
- L. Hirneise: Chemotherapie heilt Krebs und die Erde ist eine Scheibe. Enzyklopädie der unkonventionellen Krebstherapien. Sensei, 2005. Gut lesbar und leicht verständlich, aber einseitig – konventionelle Therapien sind prinzipiell schlecht, unkonventionelle gut. Daher kritisch lesen.
Chemotherapie
Neben der Strahlentherapie und der Operation ist die dritte große Säule der ärztlichen Krebsbehandlung die Chemotherapie mit Zytostatika.
Zytostatika sind Zellgifte, die Zellwachstum und -vermehrung hemmen. Ihr Hauptanwendungsgebiet ist die Krebsbehandlung, bei der sie die unkontrolliert wachsenden Tumorzellen abtöten sollen. Zytostatika werden außerdem bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt, um die „fehlgeprägten“ Abwehrzellen zu vermindern.
Einsatz von Zytostatika. Meist sind Zytostatika bei der Krebsbehandlung eine von mehreren Behandlungsformen: Bei der neoadjuvanten Chemotherapie sollen sie den Tumor vor einer Operation verkleinern, bei der adjuvanten Chemotherapie nach einer Operation möglicherweise noch vorhandene winzige Tumorzellnester (Mikrometastasen) im Körper vernichten, die mit herkömmlichen Diagnoseverfahren nicht nachweisbar sind, aber später häufig zu Metastasen führen. Nur in etwa 10 % der Krebsfälle sind Zytostatika die hauptsächliche oder einzige Behandlungsform.
Darreichungsform von Zytostatika. Überwiegend werden die Zytostatika als Infusion oder Tablette gegeben. Sie wirken also im ganzen Körper, entfalten aber auch überall Nebenwirkungen. Seltener werden Zytostatika in Körperhöhlen eingebracht, z. B. in die Harnblase bei einem Blasentumor oder in den Liquorraum. Dann sind die Nebenwirkungen auf den Gesamtorganismus viel geringer.
Meist werden Zytostatika in mehrtägigen Chemotherapiezyklen gegeben, die etwa alle drei Wochen wiederholt werden. Gesunde Zellen erholen sich zwischen zwei Zyklen rascher als Tumorzellen, sodass Zytostatika stärker auf Tumorzellen als auf gesunde Zellen wirken. Seltener werden die Zytostatika als Dauerbehandlung (z. B. Hydroxyurea, Litalir® bei chronischen Leukämien) in niedriger Dosierung verabreicht.
Bei der Hochdosis-Chemotherapie werden Zytostatika 3- bis 30-fach höher dosiert als bei einem „normalen“ Chemotherapiezyklus, um möglichst alle bösartigen Zellen im Körper abzutöten. Aufgrund der hohen Dosierung ist diese Therapieform aber riskant. Wegen der Schädigung der Schleimhautzellen muss der Patient in aller Regel künstlich ernährt werden, bis sich die Zellen des Magen-Darm-Trakts erholt haben. Die blutbildenden Zellen im Knochenmark werden sogar irreparabel geschädigt, was ohne Blutstammzelltransplantation zum Tode des Patienten führen würde. Etabliert ist die Hochdosis-Chemotherapie bei Leukämien und Lymphomen. Bei soliden Tumoren („knotig wachsenden“) haben sich die Hoffnungen insgesamt nicht erfüllt.
Wirkung der Zytostatika. Zytostatika machen prinzipiell keinen Unterschied zwischen gesunden und bösartigen Zellen. Je schneller Zellen wachsen und sich vermehren, desto stärker werden sie geschädigt. Es gibt auch gesunde Zellen im Körper, die sich schnell teilen und entsprechend durch eine Zytostatikabehandlung in Mitleidenschaft gezogen werden. Dies sind vor allem die blutbildenden Zellen im Knochenmark, die Schleimhautzellen im Magen-Darm-Trakt und die Haarwurzelzellen. Diese Nebenwirkungen begrenzen die Dosis des Zytostatikums.
Zytostatika werden in mehrere Wirkstoffgruppen eingeteilt, z. B.:
- Alkylanzien wie Cisplatin (z. B. Platinex®),Cyclophosphamid (z. B. Endoxan®), Ifosfamid (z. B. Holoxan®), Oxaliplatin (z. B. Eloxatin®)
- Antimetabolite wie Cladribin (z. B. Leustatin®), Cytarabin (z. B. Alexan®), Fluorouracil (z. B. 5-FU Hexal®), Gemcitabin (z. B. Gemzar®), Methotrexat (z. B. Methotrexat Lederle®)
- Alkaloide wie Etoposid (z. B. Vepesid®), Paclitaxel (z. B. Taxol®), Vinblastin (z. B. Vinblastinsulfat GRY®), Vincristin (z. B. Onkocristin®)
- Zytostatische Antibiotika wie Bleomycin (z. B. Bleomeolac®), Daunorubicin (z. B. Daunoblastin®), Doxorubicin (z. B. Adriblastin®), Mitomycin (z. B. Mitomycin medac®)
- Andere Zytostatika wie Asparaginase (z. B. Asparaginase medac®), Hydroxyharnstoff (z. B. Litalir®), Irinotecan (z. B. Campto®).
Das Problem der Prognosen bei Krebs
Was den Umgang mit dem Thema „Krebs“ erschwert, ist die Tatsache, dass er wiederkommen kann. Zwar treten die meisten Rückfälle (Tumorrezidive) in den ersten Jahren nach der Erstbehandlung auf, je nach Erkrankung sind aber auch noch nach zehn und mehr Jahren Rückfälle möglich. Deshalb sollten alle Betroffenen auf jeden Fall die regelmäßigen Nachsorgetermine über Jahre einhalten, selbst wenn sie keine Beschwerden haben, denn auch bei Rückfällen sind die Chancen bei einer frühzeitigen Behandlung am besten. Treten zwischen zwei Nachsorgeterminen unklare Beschwerden auf, sollten Sie sicherheitshalber Ihren Arzt darauf ansprechen. Deshalb ist es aber auch so schwer, bei Krebs von Heilung zu sprechen. Ehrlicher ist der Begriff Langzeitüberleben.
Es ist bis heute unmöglich, den Krankheitsverlauf im Einzelfall vorauszusagen, z. B. ob die Behandlung „anschlagen“ wird. Es können nur aufgrund großer Statistiken Wahrscheinlichkeiten angegeben werden. Eine 10-Jahres-Überlebensrate von 90 % heißt, dass von 100 Patienten mit dem gleichen Tumor in 10 Jahren noch 90 leben. Für einen einzelnen Betroffenen bedeutet sie, dass seine Aussichten gut sind, aber eben keine Garantie. Mit dem „Restrisiko“ von 10 % muss er leben. Diese Aussage gilt aber nicht nur für Krebs, sondern auch für unzählige andere Erkrankungen. Statistiken und Überlebenswahrscheinlichkeiten sind dort aber nicht so gebräuchlich und machen daher weniger Angst.
Ernährungskonzepte bei Krebs
Ernährungsumstellung. Eine Ernährungsumstellung wird von fast allen alternativen Therapeuten empfohlen, zum einen weil Fehlernährung ein Risikofaktor für die Krebsentstehung ist, zum anderen weil eine ausgewogene Nährstoffversorgung auch die Widerstandskraft und damit die Selbstheilungskraft des Körpers steigert. Oft wird unter Ernährungsumstellung aber nicht nur die Beachtung der Regeln der ausgewogenen mediterranen Ernährung verstanden, sondern mehr:
Krebsdiäten etwa behaupten, den Krebs „auszuhungern“. Kuren nach Breuss (42 Tage nur Gemüsesaft und Kräutertee), die Grape Curenach Brandt (zwei Wochen nur Weintrauben und Wasser, dann langsamer Kostaufbau), die Instinkt-Diät nach Burger (nur rohe Nahrung), Makrobiotik (erlaubt nur Getreide und etwas Gemüse und Obst) und die Stoffwechseltherapie nach Krebs (vegane Kost plus blausäurehaltiges Amygdalin) sind solche Krebsdiäten. Sie sind nach allem, was man weiß, nutzlos und aufgrund ihrer Nebenwirkungen sogar lebensgefährlich.
Eine gesunde Lebensmittelauswahl findet sich dagegen z. B. bei der Öl-Eiweiß-Kost nach Budwig (reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, beugt Gewichtsverlust vor), der Stoffwechselaktiven Kost nach Anemueller und Ries (gesunde Mischkost, wenig Fleisch, keine Süßigkeiten) oder der Milchsäure-Therapie nach Kuhl (gemäßigt vegetarische Ernährung mit einem hohen Anteil an rechtsdrehender Milchsäure). Leider liegen zu keiner der genannten Therapien wissenschaftliche Studien über die Wirksamkeit vor. Insofern ist ungeklärt, ob sie einen zusätzlichen Nutzen bringen.
Nahrungsergänzungsmittel in Form von Spurenelementen, Vitaminen und Mineralstoffen (Mikronährstoffen) werden oft empfohlen. Normal dosierte, z. B. in Drogerien und Apotheken erhältliche Multivitaminpräparate sind als Nahrungsergänzungsmittel prinzipiell sinnvoll. Denn der Bedarf an diesen Nährstoffen steigt während einer Chemotherapie, die Aufnahme sinkt jedoch eher bedingt durch den Appetitmangel und die oft monotone Krankenhauskost. Jede erhöhte Dosierung oder spezielle Zufuhr einzelner Mikronährstoffe sollte aber immer mit dem Arzt abgestimmt werden, da einige Substanzen wie Folsäure und B-Vitamine die Zellteilung fördern und möglicherweise den Erfolg einer Chemotherapie gefährden. Auch werden von manchen Naturheilärzten teilweise gefährlich hohe Dosen empfohlen. Als Richtwert kann gelten, dass auch kurzzeitig nie mehr als die zwei- bis dreifache Menge der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. empfohlenen Dosis genommen werden sollte.
- Günstig scheint die niedrigdosierte Gabe von Selen zu sein. Sie kann Nebenwirkungen von Chemotherapie und Bestrahlung mindern. Einige Studien wiesen darauf hin, dass Selen vorbeugend gegen Krebs hilft. Neuesten Erkenntnissen zufolge gibt es aber keinen eindeutigen Beleg dafür. Zwar treten Blasen- und Prostatakrebs bei Menschen, die Selen nehmen, seltener auf. An Brustkrebs und anderen Krebsarten erkranken sie aber genauso häufig wie diejenigen, die kein Selen schlucken.
- Zink scheint weder vorbeugend noch therapeutisch gegen Krebs zu wirken, minderte aber in zwei Studien die Nebenwirkungen einer Bestrahlung.
- Die Einnahme von Vitamin A,C,D und E wird allgemein als therapeutisch wenig wirksam angesehen, insbesondere zeigte eine neuere Doppelblindstudie keinen Nutzen für hochdosiertes Vitamin C im Vergleich mit Placebo [R01]. Vitamin E verringert aber die Nebenwirkungen einer Chemotherapie mit Cisplatin.
- Die zusätzliche Einnahme von Kalzium senkt möglicherweise die Rückfallrate nach Darmkrebs [R02].
- Die Einnahme von Magnesium ist unter Umständen sinnvoll, um einen chemotherapiebedingten Mangel auszugleichen .
- Coenzym Q10 (Ubichinon) ist ein Nahrungsergänzungsmittel. Einige Studien zeigen einen gewissen Schutz des Herzens während einer anthracyclinhaltigen Chemotherapie bei gleichzeitiger Einnahme von Coenzym Q10. Nebenwirkungen sind Übelkeit, Magen-Darm-Symptome, erhöhte Leberwerte und leichte Schlaflosigkeit.
Entgiftung. Es ist unbestritten, dass Gifte – allen voran das Rauchen – zur Entstehung zahlreicher Tumoren beitragen. Das Rauchen aufzugeben ist daher sehr wichtig.
Die Wirkung anderer Entgiftungsmaßnahmen wie basische Bäder, Herdsanierung und „Leberkuren“ ist unbewiesen. Die von Max Gerson empfohlenen Kaffee-Einläufe können Dickdarmentzündungen oder einen Kreislaufzusammenbruch verursachen.
Hormonbehandlung bei Krebs
Insbesondere Tumoren der Geschlechtsorgane und der weiblichen Brust werden durch Hormone in ihrem Wachstum stimuliert oder gehemmt. Hier kann eine vergleichsweise gut verträgliche Hormonbehandlung sinnvoll sein. Die einzelnen Substanzen und ihre Nebenwirkungen werden bei den jeweiligen Tumoren dargestellt. Am gängigsten ist die Hormonbehandlung bei Brustkrebs.
Immuntherapien bei Krebs
Immuntherapien nutzen das körpereigene Immunsystem, um den Krebs zu bekämpfen. Schon vor über 100 Jahren wurde die erste Immuntherapie gegen Krebs gefunden. Dennoch haben wir erst in Anfängen die Komplexität der Immunreaktion auf Tumoren verstanden. In den nächsten Absätzen wird sowohl auf Immuntherapien der konventionellen Medizin als auch auf die bekanntesten alternativen Therapieansätze näher eingegangen.
Botenstoffe des Immunsystems sollen das Immunsystem durch Aktivierung natürlicher Killerzellen stärken. Bekannte Vertreter sind Interleukine oder Alpha-Interferon. Einige Interferone besitzen auch eine antitumorale Wirkung, die man sich bei der Behandlung der so genannten Haarzell-Leukämie oder der T-Zell-Lymphome zunutze macht. Alpha-Interferon wird außerdem bei bestimmten Formen der Leberentzündung (akute Virushepatitis und chronische Leberentzündung), Beta-Interferon bei der Multiplen Sklerose eingesetzt. Hauptnebenwirkung sind grippeähnliche Beschwerden, die in aller Regel aber durch Paracetamol (z. B. ben-u-ron®) gut in den Griff zu bekommen sind.
Monoklonale Antikörper gegen den Tumor: Bestimmte Tumoren tragen an ihrer Oberfläche Strukturen, die an gesunden Zellen weit seltener vorkommen. Im Labor werden monoklonale Antikörper (also genau gleiche) gegen genau diese Struktur hergestellt und dann dem Patienten gegeben. Die Antikörper heften sich (fast nur) an die Tumorzellen und schädigen diese direkt oder indirekt über eine Antwort des Immunsystems. Beispiel ist der gegen Brustkrebs eingesetzte Antikörper Trastuzumab (Herceptin®) oder der CD20-Antikörper Rituximab (MabThera®) bei der Behandlung von Non-Hodgkin-Lymphomen. Andere Antikörper wie Cetuximab (Erbitux®) oder Bevacizumab (Avastin®) hemmen die Gefäßneubildung innerhalb des Tumors, der dadurch von der Blut- und Nährstoffzufuhr abgeschnitten und in seinem Wachstum gehemmt wird. Übrigens: Alle Präparate enthalten die Silbe „mab“ (für monoclonal antibody; die Präparate werden meist als MABs bezeichnet). Manchmal werden Gifte oder radioaktive Stoffe an die Antikörper gebunden, um ganz gezielt die Tumorzellen zu schädigen (Radioimmuntherapie). Beispiele hierfür sind Mylotarg® bzw. Bexxar®. Die Kosten für monoklonale Antikörper sind sehr hoch, werden aber häufig von den Kassen übernommen.
Molekulare Tumortherapien sollen auf molekularer Ebene (Moleküle sind Zusammenschlüsse von Atomen, den kleinsten Bausteinen aller Materie) gezielt in Tumorwachstum, Tumorzellausbreitung und Tumorzelltod eingreifen. Derzeit wichtigster Ansatzpunkt dabei ist eine Gruppe von Eiweißen, die Tyrosinkinasen, die an der Wachstumssteuerung von Zellen beteiligt sind und deren Aktivität letztlich das Tumorwachstum fördert. Eine Möglichkeit, die Tyrosinkinasen zu beeinflussen, sind die monoklonalen Antikörper, die gegen Rezeptoren (Ankoppelungsstellen) auf der Oberfläche der Krebszellen gerichtet sind. Ein anderer Weg besteht im Einsatz künstlich hergestellter chemischer Substanzen, welche die Wirkung der Tyrosinkinasen in der Tumorzelle blockieren. Zu diesen Tyrosinkinasehemmern gehören Imatinib (Glivec®), Erlotinib (Tarceva®), Sunitinib (Sutent®) und Sorafenib (Nexavar®). Ihr Einsatzgebiet umfasst zurzeit bestimmte fortgeschrittene Krebserkrankungen, die auf Zytostatika nicht (mehr) ansprechen, vor allem Lungen-, Bauchspeicheldrüsen- und Nierenzellkrebs sowie die chronische myeloische Leukämie.
Tumorimpfungen werden dem Patienten als besonders aufbereitete Tumorzellstrukturen oder diesen ähnliche Strukturen gegeben. Das Immunsystem soll gegen diese künstlichen Zellstrukturen Antikörper bilden, die auch zu den Tumorzellen passen und diese angreifen. Studien zeigten einen leichten Überlebensvorteil für verschiedene Krebsarten, u. a. Darmkrebs und Nierenzellkrebs. Letzteres ist aber aufgrund methodischer Mängel der Studie umstritten . Nebenwirkungen sind Fieber und Schüttelfrost. Die Kosten werden meist nicht übernommen.
Mistelpräparate. Es gibt verschiedene Mistelpräparate (Mistelextrakte), die sich durch die Art der Mistel (welche Unterart von welchem Baum) und das Herstellungsverfahren (Auspressen, wässriger Auszug, Fermentation) unterscheiden. Bisher hat sich noch kein Präparat den übrigen überlegen gezeigt. Mehrere (teils methodisch kritisierte) Studien ergaben eine verbesserte Lebensqualität und eine Verlängerung der Überlebenszeit, andere Studien konnten keinen Effekt nachweisen. Außer der entzündlichen Reaktion der Einstichstelle – die Medikamente werden normalerweise gespritzt – treten Fieber, vorübergehende Lymphknotenschwellung, Aktivierung von Entzündungsherden und allergische Reaktionen als Hauptnebenwirkungen auf. Ob Mistelpräparate in Einzelfällen auch zu einer Stimulation von Tumorzellen führen können, ist nicht sicher bekannt. Ihr Einsatz bei akuten Leukämien kommt daher nicht infrage. Die Behandlung von chronischen Leukämien und Lymphomen mit Mistelextrakten sollte nur von erfahrenen Therapeuten durchgeführt werden. Unsicherheiten bestehen ferner über die optimale Anwendung (wie oft, wie lange, wohin spritzen). Mistelpräparate sind verhältnismäßig preiswert (25 Ampullen, z. B. Lektinol®), wobei die Kosten bei fortgeschrittener Erkrankung üblicherweise von der Krankenkasse übernommen werden. Sie sind daher als Zusatztherapie weit verbreitet. Eine gleichzeitige Therapie während einer Strahlenbehandlung oder einer Chemotherapie sollte aber nicht ohne Rücksprache mit dem betreuenden Arzt durchgeführt werden.
Fiebertherapien werden mit verschiedenen bakteriellen Produkten durchgeführt. Studien zeigten eine gute Wirksamkeit der als Coley-Toxine bekannt gewordenen Mixed Bacterial Vaccine (MBV) bei Sarkomen (bösartige Tumoren des Binde- und Stützgewebes). Auch sind Spontanremissionen nach hohem Fieber bekannt. Später wurde vor allem auf die passive Erwärmung des Körpers (Ganzkörper- oder regionale Hyperthermie) gesetzt. Allerdings scheint eine Hyperthermie nicht so starke Effekte auf das Immunsystem zu haben wie eine aktive Fiebertherapie. Leider fehlen moderne, unabhängige Studien zur Wirksamkeit von Fiebertherapien. Die Nebenwirkungen sind Schüttelfrost, Fieber und Entzündungsreaktion an der Einstichstelle sowie gelegentlich Übelkeit, Kopf- und Gliederschmerzen.
BCG (Bacille Calmette Guerin, das Tuberkulose-Impfbakterium) wurde vielfach als unterstützender Faktor (Immunmodulator) zur Immunstimulation getestet. Letztlich bewährt hat sich lediglich die lokale Therapie von oberflächlichem Harnblasenkrebs mit BCG als Instillationstherapie. Vor Therapiebeginn muss eine aktive Tuberkulose ausgeschlossen werden.
Thymusextrakte (Thymuspeptide) gibt es schon seit 70 Jahren. Sie beeinflussen das Immunsystem und aktivieren unter anderem Abwehrzellen. Nebenwirkungen sind Durchfall, lokale entzündliche Reaktionen, Fieber, Schüttelfrost, Hemmung bestimmter weißer Blutkörperchen und möglicherweise die Übertragung von Infektionskrankheiten. Einzelne Studien deuten darauf hin, dass Thymusextrakte die Wirkung konventioneller Therapien verbessern oder Nebenwirkungen mildern können. Die einzelnen Präparate sind sehr unterschiedlich bezüglich der Herstellung und des Preises.
Die Issels Therapie nimmt für sich in Anspruch, ein ganzheitliches Behandlungskonzept mit Zahnsanierung, Entgiftung, Ernährungsumstellung, Sanierung der Darmflora und Sorge für das seelische Wohlbefinden des Patienten zu sein. Dazu werden die verschiedensten alternativen Therapien wie Fiebertherapie, Sauerstofftherapie, Enzympräparate, selbst hergestellte bakterienhaltige Impfstoffe (Vakzine, Vaccine) und andere kombiniert. Als Nebenwirkungen der Impfstoffe werden vor allem Temperaturerhöhung und Schmerzempfindlichkeit im Tumorbereich genannt.
Human-Eigenbluttherapien gibt es in vielen Varianten. Im Prinzip wird dem Patienten Blut entnommen, auf verschiedene Weise aufbereitet (z. B. mit Sauerstoff versetzt oder UV-bestrahlt) und wieder unter die Haut gespritzt. Die Wirksamkeit ist nicht in kontrollierten klinischen Studien überprüft worden. Dafür sind als Nebenwirkungen unter anderem Kreislaufreaktionen und bei chemotherapierten Patienten große Blutergüsse und Eiterherde beschrieben worden .
Transfer-Factor nennt sich ein immunmodulierender Kuhmilchextrakt. Beim nicht-kleinzelligen Lungenkrebs konnte in Studien eine Lebensverlängerung durch dieses Präparat gezeigt werden. Nach Angabe der Hersteller sind keine Nebenwirkungen zu erwarten .
Galavit® ist in der Sowjetunion entwickelt worden. Es soll an 50 000 Krebspatienten erfolgreich getestet worden sein. Die Tatsache, dass die Wirksamkeit und Sicherheit der Substanz nicht einmal im Tierversuch belegt ist, spricht gegen eine Verwendung am Menschen.
Komplementärmedizinische Krebstherapien
Mehr als 50 % aller Krebspatienten wenden irgendwann im Krankheitsverlauf alternativ- bzw. komplementärmedizinische Krebstherapien an, obwohl sie von den Krankenkassen bis auf wenige Ausnahmen nicht bezahlt werden.
Weder die schulmedizinischen noch die komplementärmedizinischen/alternativen Verfahren sollten pauschal verdammt oder in den Himmel gehoben werden – beide sollten ihre Erfolge nach nachvollziehbaren Kriterien messen lassen.
Selbst Ärzten ist es nicht immer möglich zu beurteilen, ob die Theorie hinter einer Behandlung logisch ist oder nicht. Wie soll ein Betroffener sich da ein Urteil bilden? Misstrauen ist immer dann angebracht, wenn
- unrealistische Versprechungen gemacht werden (Heilung auf jeden Fall, bei den verschiedensten Tumoren und/oder ohne Nebenwirkungen),
- dem (bisher) behandelnden Arzt nichts erzählt werden soll,
- schulmedizinische Therapien abgebrochen werden sollen,
- unter Zeitdruck entschieden werden soll,
- Vorleistungen erwartet werden – sei es der Glaube an den Heiler oder das Öffnen der Geldbörse.
Auch bei einer schweren Krankheit wie Krebs können Sie es sich leisten, einige Tage abzuwarten und eine zweite Meinung einzuholen. Das gilt besonders für teure Therapien, denn gerade dort besteht die Gefahr, dass die Gesundung des Patienten nicht im Vordergrund steht.
Es gibt über 100 komplementärmedizinische Krebstherapien. Einige haben einen „Alleinstellungsanspruch“, andere verstehen sich ausschließlich als Ergänzung zur Schulmedizin. Der folgende Überblick erklärt die häufigsten und bekanntesten.
Homöopathie, Traditionelle Chinesische Medizin, Ayurveda und Anthroposophie haben jeweils eigene Konzepte zur Tumortherapie. Die Homöopathie zeigte in kontrollierten Studien keine Wirksamkeit in der Krebstherapie. Ayurveda hilft möglicherweise vorbeugend gegen einige Krebsarten, ist aber therapeutisch ziemlich unerforscht und auch nicht frei von Nebenwirkungen. Von der Akupunktur kann eine Linderung unangenehmer Symptome erwartet werden, ohne dass der Krankheitsverlauf beeinflusst würde.
Shiitake-Pilze und einige andere asiatische Pilzarten haben in verschiedenen Studien zu einer Lebensverlängerung bei Krebspatienten beigetragen . Die anthroposophische Medizin ist vor allem durch die Verwendung von Mistelpräparaten bekannt geworden
Haifischknorpelpräparate sollen die Neubildung von Gefäßen im Tumor hemmen und so das weitere Wachstum verhindern. Diese Wirkung konnte in einer kontrollierten Studie nicht bestätigt werden [R09]. Etwa 10 % der Patienten haben eine Unverträglichkeit gegen Haifischknorpelpulver und reagieren darauf mit Magen-Darm-Beschwerden oder allergischen Reaktionen. Der aus Knorpel gewonnene Wirkstoff Nevostat sieht erfolgversprechender aus und wird derzeit in verschiedenen Studien untersucht .
Lokaltherapien bei Krebs
Lokaltherapien werden ausschließlich in spezialisierten Krankenhäusern eingesetzt. Ziel ist es auch hier, den Tumor zu zerstören und dabei den übrigen Körper möglichst zu schonen. Alle Lokaltherapien sind nur sinnvoll, wenn der Tumor auf ein umschriebenes Areal beschränkt ist und eine Operation nicht möglich oder nicht erwünscht ist. Durch eine erfolgreiche Lokaltherapie kann der Tumor auch so weit verkleinert werden, dass eine nachfolgende Operation möglich wird.
Bei lokalen Chemotherapien wird versucht, die Zytostatika möglichst nah an den Tumor zu bringen und ihre Konzentration im übrigen Körper gering zu halten, z. B. werden die Zytostatika bei Lebermetastasen direkt in die durch die Leber führende Pfortader gegeben. Eine lokale Strahlentherapie ist beispielsweise durch Einbringen radioaktiver, nur über eine geringe Entfernung strahlender Kügelchen in den Tumor möglich. Bei der Kryothermie wird der Tumor „vereist“, bei lokoregionalen Hyperthermien über 40 °C erwärmt, da Tumorzellen besonders hitzeempfindlich sind. Lasertherapien können z. B. bei Hautkrebs (Melanom), angewandt werden. Moderne, schonende und oft ambulant mögliche Verfahren sind die Laser-induzierte Thermotherapie und die thermische Radiofrequenzablation, bei der durch Licht- bzw. elektrische Energie Hitze erzeugt und damit der Tumor zerstört wird. Beide werden derzeit vor allem zur Behandlung von Lebermetastasen eingesetzt.
Nebenwirkungen von Zytostatika
Kaum eine medikamentöse Behandlung macht Patienten so viel Angst wie die Chemotherapie mit Zytostatika. Nicht zu Unrecht: Nebenwirkungen treten zu 100 % auf. Sie sind unangenehm und teils auch gefährlich. Aber: Mittlerweile ist es möglich, die schlimmsten Nebenwirkungen deutlich zu reduzieren.
Übelkeit, Erbrechen. Zu den am meisten gefürchteten Nebenwirkungen gehören Übelkeit und Erbrechen. Heute werden schon beim ersten Therapiezyklus vorbeugend Medikamente gegeben, deren Auswahl sowohl von den verabreichten Zytostatika als auch vom individuellen Risiko des Patienten abhängt. Durch eine Wirkstoffkombination gelingt es fast immer, Übelkeit zu minimieren und Erbrechen zu verhindern. Sehr wirksam sind die Setrone (wie Ondansetron, z. B. Zofran®, Granisetron, z.B. Kevatril®, Tropisetron, z. B. Navoban®) zusammen mit Kortison (vor allem Dexamethason, z. B. Fortecortin®). Zusätzlich zu chemischen Brechreizhemmern können Ingwer-Kapseln eingenommen werden, um die Übelkeit während der Chemotherapie zu reduzieren. Die Ingwerkapseln nimmt der Patient in einer Dosierung von täglich 0,5 bis 1 g ein, vom 3. Tag vor Beginn bis zum 3. Tag nach Ende der Chemotherapie.
Appetitlosigkeit. Um den Appetit anzuregen, eignen sich Galgant- oder Kalmuswurzelstock, da sie viele Bitterstoffe enthalten. Sie sind als Tinkturen erhältlich und vor den Mahlzeiten in Wasser gelöst einzunehmen. Verliert eine Tinktur ihre Wirkung beim Patienten, ist ein Wechsel auf den anderen Pflanzenwirkstoff angezeigt.
Verdauungsprobleme. Als pflanzliche Prokinetika – Medikamente, die die Verdauung steigern – haben sich Kombinationspräparate wie Iberogast®, Carvomin® Verdauungstropfen, Carminativum Hetterich® oder Lomatol®-Tropfen bewährt. Von den Monopräparaten eignen sich Curcumen-Kapseln, Curcu-Truw® oder Harongan®-Tropfen. Da bei den pflanzlichen Arzneien nicht vorhersehbar ist, welches am besten wirkt, empfiehlt sich ein 14-tägiger Therapieversuch.
Hand-Fuß-Syndrom. Bestimmte Zytostatika verursachen vorübergehend Hautveränderungen an den Handinnenflächen und den Fußsohlen. Sie äußern sich als Schwellungen, schmerzhafte Rötungen, Blasenbildung, Hautablösung und Taubheitsgefühlen. Dadurch verändern sich auch die Fingerlinien und eine Identifizierung per Fingerabdruck ist vorübergehend nicht möglich. Innerhalb von zwei Wochen nach Therapieende bilden sich die Hautveränderungen aber vollständig zurück.
Schleimhautentzündung. Bei bestimmten Chemotherapeutika kann es zu einer Schleimhautentzündung (Mucositis) kommen, vor allem der Mundschleimhaut. Ein Beispiel hierfür ist die von Herpesviren verursachte Mundfäule. Daneben kann auch die Darmschleimhaut betroffen sein, was sich in Form von Durchfällen bemerkbar macht. Je nach Ausprägung der Entzündung reichen die Beschwerden bei einer Mundschleimhautentzündung von leichtem Brennen über starke Schmerzen bis hin zur Störung der Nahrungsaufnahme. Ein Zahnarztbesuch vor Beginn der Chemotherapie ist sinnvoll, um „Schwachstellen“ an Zähnen, Zahnfleisch und gegebenenfalls Prothesen sanieren zu lassen und das Entzündungsrisiko zu vermindern. Während der Chemotherapie soll die Mundpflege sorgfältig, aber gleichzeitig schonend sein, da Mundschleimhautgeschwüre z. B. durch eine zu harte Zahnbürste leicht bluten und durch die gleichzeitige Verminderung der Abwehrzellen zum Infektionsherd werden können. Also nach jedem Essen die Zähne mit einer weichen Zahnbürste putzen, wenn diese immer noch zu hart ist, auf eine Munddusche wechseln, gegebenenfalls Zahnpflegekaugummi benutzen. Medikamentös steht zwar Amifostin® als Schleimhautschutz zur Verfügung, wegen des Risikos von schweren Hauterscheinungen, Blutdruckabfall und Übelkeit ist sein Einsatz aber sehr begrenzt. Zur Behandlung empfiehlt sich, viel Flüssigkeit zu trinken, Speisen nur leicht zu würzen, Essig oder andere scharfe Ergänzungen zu vermeiden und mehrmals täglich Mundspülungen mit Chlorhexidin und Salbei durchzuführen. Harte, scharfkantige und säurehaltige Lebensmittel sind zu meiden. Reicht dies nicht, verordnet der Arzt „weiche“ Kost mit Toastbrot, Nudeln, Reis (kein Vollkornreis) und Pudding oder sogar passierte Speisen wie Suppen oder Brei (z. B. püriertes Gemüse). Salbei-, Kamillen- und Ringelblumentee können sowohl für Mundspülungen als auch zur Herstellung von Eiswürfeln oder -lutschern verwendet werden. Lutschen von Eiswürfeln lindert die Schmerzen. Schlimmstenfalls muss zeitweilig über eine Magensonde oder Vene künstlich ernährt werden.
Rauchen und Alkohol sind zwei der wenigen Tabus. Während einer Chemotherapie ist der Körper ohnehin schon stark belastet, und weitere Gifte (Alkohol, Nikotin) sollten unbedingt vermieden werden. Darüber hinaus können bei einigen Chemotherapeutika Unverträglichkeitserscheinungen bei gleichzeitigem Alkoholkonsum auftreten.
Venenreizung. Im Verlauf der Behandlung nehmen Venenreizungen und -entzündungen bis hin zum Venenverschluss (Venenverödung) durch die Zytostatikainfusionen zu, sodass es immer schwieriger wird, eine geeignete Vene für Blutentnahmen oder Infusionen zu finden. Daher bietet man Patienten mit voraussichtlich mehreren Chemotherapiezyklen meist das Einpflanzen eines Portsystems an. Ein kleines Kästchen mit einer Flüssigkeitskammer (von der Größe her vergleichbar mit einem Herzschrittmacher) wird in einer kleinen Operation in der Schlüsselbeingegend unter die Haut gepflanzt und mithilfe eines dünnen Schlauchs mit einer großen Vene im Brustkorb verbunden. Vor Beginn des Therapiezyklus wird nun nur noch die Kammer durch die Haut punktiert (die problemlos zu treffen ist) und ein spezielles Besteck angeschlossen, über das dann alle Infusionen gegeben werden können. Nach Beendigung des Zyklus wird das Besteck entfernt, sodass der Betroffene z. B. problemlos duschen kann. Richtige Handhabung vorausgesetzt, hält ein Port länger als ein Jahr und erspart den Betroffenen die zunehmend schwierigere Prozedur der Venensuche.
Haarausfall. Häufig nicht zu vermeiden ist der Haarausfall, der durch die Schädigung der Haarwurzelzellen bedingt ist. Je nach Art der verwendeten Zytostatika, aber auch individuell unterschiedlich, betrifft er nicht nur die Kopfhaare, sondern auch Augenbrauen, Wimpern und Schamhaare. Wenige Wochen nach Ende der Chemotherapie beginnen die Haare aber wieder nachzuwachsen, können allerdings etwas anders aussehen als vorher, z. B. lockiger. Es ist empfehlenswert, sich rechtzeitig eine Perücke anfertigen zu lassen (die Kosten für Kunsthaarperücken übernimmt die Krankenkasse), solange noch eigene Haare als „Muster“ vorhanden sind, egal ob man die Perücke später überwiegend tragen wird oder nicht. Denn die Betroffenen empfinden gerade den Haarausfall ganz unterschiedlich: Während die einen zum Wohlbefinden ein möglichst „normales“ Aussehen brauchen, deshalb die Augenbrauen nachschminken und auch im Haus eine Perücke tragen, finden die anderen ein weiches Kopftuch bequemer oder gehen am liebsten „oben ohne“, weil sie alles andere als „nicht zu sich gehörig“ empfinden. Glücklicherweise ist der Umgang mit dem behandlungsbedingten Haarausfall heute viel offener als früher. Richten Sie sich in der Frage „Perücke, Kopftuch oder gar nichts“ in erster Linie nach sich selbst! Nur bei starker Sonneneinstrahlung oder Kälte ist eine Kopfbedeckung zum Schutz wirklich erforderlich.
Mangel an Blutkörperchen. Vom Patienten zunächst nicht bemerkt, aber medizinisch relevant sind die Nebenwirkungen der Chemotherapie auf die Blutkörperchen. Am bedeutsamsten ist der Abfall der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) der zu einer erhöhten Infektionsgefährdung führt. Wie stark er ist, hängt vom Zytostatikum und von der verabreichten Dosis ab. Bei einem leichten Abfall, Leukozytopenie (kurz Leukopenie) genannt, reicht es meist aus, sich von Personen mit einer sichtbaren Infektionskrankheit fernzuhalten und Menschenmengen zu meiden. Zudem kann das Wachstum der weißen Blutkörperchen heute bei Bedarf medikamentös mit G-CSF (Neupogen®, Granocyte® ) angeregt werden. Ein starker Abfall der weißen Blutkörperchen (Agranulozytose) hingegen ist lebensbedrohlich, bei einer normal dosierten Chemotherapie aber eher selten. Auch die Zahl der für die Blutgerinnung zuständigen Blutplättchen sinkt – mit ein Grund für vorsichtige Mundpflege, um starke Zahnfleischblutungen zu vermeiden. Die durch die Zytostatikabehandlung entstehende Blutarmut (Anämie) stellt meist das geringste Problem dar und ist mit Transfusion von Erythrozytenkonzentraten zu beherrschen.
Beeinträchtigung des Gedächtnisses. Viele Krebspatienten kämpfen nach der Chemotherapie mit Gedächtnisproblemen und eingeschränkter Feinmotorik. Mediziner sprechen auch von einem "Chemo-Brain", zu deutsch "Chemo-Gehirn". Bisher nahmen viele Ärzte an, dass sich die Patienten wieder rasch davon erholen. Das trifft jedoch nicht auf alle zu, wie Studien ergaben.
Psyche. Auch das psychische Befinden des Kranken leidet unter der Chemotherapie: Wer lässt sich schon gerne konzentrierte Zellgifte als Infusion verpassen! Andererseits: Wer seinen Ärzten und Pflegekräften vertrauen kann, seine Angehörigen um sich weiß und bewusst „Ja“ sagt zum Leben nach der Chemotherapie, verträgt auch die Infusionen besser und hat nachgewiesenermaßen weniger Nebenwirkungen. Wissen und Verständnis über den Krebs und seine Behandlung, eine positive Einstellung zur Therapie sowie eine gute Begleitung durch professionelle Helfer und Angehörige wirken sich definitiv günstig aus.
Um die Chemotherapie gut durchzustehen, hilft es, sich möglichst oft eine angenehme Atmosphäre zu schaffen (z. B. Musik hören, Bücher lesen) und zu entspannen, z. B. mithilfe von Entspannungsverfahren. Zusätzlich ist es sinnvoll, viele kleine Mahlzeiten einzunehmen und die Speisen nach Appetit und Verträglichkeit auszuwählen. Auch Kaugummikauen, Bonbonlutschen oder Aromen einatmen sind einen Versuch wert.
Späte Nebenwirkungen und Dauerfolgen
Fruchtbarkeit. Grundsätzlich beeinträchtigen Zytostatika die Fruchtbarkeit bis hin zur völligen Unfruchtbarkeit. Ob diese Veränderungen zeitweilig sind oder bleibend, hängt von Art, Dosis und Dauer der Chemotherapie ab. Jungen Männern wird daher die Tiefkühllagerung einer Samenspende empfohlen (Kryokonservierung). Bei Frauen können die Eierstöcke für die Dauer der Chemotherapie medikamentös „stillgelegt“ und dadurch geschont werden. Die Tiefkühllagerung von Eierstockgewebe oder Eizellen befindet sich (noch) im Versuchsstadium. Dauerhafte Hormonmangelbeschwerden im Sinne künstlich eingeleiteter Wechseljahre treten vor allem bei Frauen auf und können eine Hormongabe erforderlich machen. Zytostatika schädigen darüber hinaus das noch ungeborene Kind. Frauen wie Männer müssen daher während und in den ersten zwei Jahren nach einer Chemotherapie nach einer sicheren Methode verhüten.
Organschäden. Wie alle Medikamente können auch Zytostatika bestimmte Organe wie zum Beispiel das Herz schädigen. Um diese Schädigungen möglichst zu vermeiden, werden die gefährdeten Organe vor und während der Behandlung regelmäßig untersucht, wenn nötig wird das Zytostatikum gewechselt oder die Dosis reduziert.
Zweittumoren. Durch ihre mögliche, das Erbgut verändernde Wirkung erhöhen Zytostatika außerdem die Gefahr der Entstehung von Zweittumoren, vor allem von akuten Leukämien. Das Risiko steigt weiter, wenn Chemo- und Strahlentherapie kombiniert werden.